Hintergrund: Warum Videokameras heute rechtlich intensiver geprüft werden
In den vergangenen Monaten haben Datenschutzbehörde und Gerichte in Österreich deutlich signalisiert: Videoüberwachung, besonders in öffentlich zugänglichen Zonen oder auf Betriebsgeländen wird nicht mehr großzügig toleriert.
Aktuelle Fälle verdeutlichen die verschärfte Haltung der Behörden:
- Geldstrafe von 1,5 Mio. € (nicht rechtskräftig) wegen Betrieb einer Anlage mit neun Außen- und Innenkameras in Wien, die auch öffentliche Bereiche miterfasste. Die Datenschutzbehörde sah dies als gravierenden Verstoß gegen DSGVO-Grundsätze (zB Zweckbindung, Speicherbegrenzung).
- Verbot für Parkflächen-Videoüberwachung: Die DSB untersagte einem Parkraumbewirtschaftungsbetrieb die weitere Kameranutzung zur Erfassung von Kfz-Kennzeichen in Stellflächen (auch ohne rechtskräftige Entscheidung droht Exekution).
- Sinkende Strafe, aber hohes Niveau: In einem Fall senkte das BVwG eine ursprünglich hohe DSB-Strafe, bestätigte jedoch weiterhin einen erheblichen Anteil von 0,7 % des Vorjahresumsatzes.
Diese Entwicklungen zeigen eindeutig, dass es nicht mehr genügt, eine Kamera aufzustellen und „Sicherheit“ als Grund anzuführen. Unternehmen müssen ihre Videoüberwachung rechtlich sauber planen, dokumentieren und technisch sauber begrenzen.
Rechtliche Parameter für Unternehmen (Update 2025)
Nachfolgende Punkte, sollten Sie als Unternehmen bei Videoüberwachungsprojekten besonders kritisch prüfen:
a) Rechtsgrundlage: berechtigtes Interesse mit konkreter Begründung
Eine wirkliche, freiwillige Einwilligung aller Betroffenen (zB Besucher:innen, Passant:innen) ist praktisch kaum möglich. Daher stützen sich die meisten betrieblichen Überwachungen auf das berechtigte Interesse (Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO).
Wichtig hierbei:
- Konkreter Zweck: Nicht „Sicherheit generell“, sondern etwa „Schutz von Werksgelände gegen Einbruch außerhalb der Betriebszeiten“.
- Dokumentierte Abwägung: Belegen Sie schriftlich, dass Ihr Interesse den Datenschutzinteressen der betroffenen Person überwiegt.
- Transparenz & Information: Die Betroffenen müssen wissen, dass überwacht wird, wer verantwortlich ist, wie lange gespeichert wird, etc.
Gerade bei fließenden Grenzbereichen (zB Kameraaufnahme von Gehwegabschnitten) kommt es im Einzelfall auf die genaue Ausrichtung und Abdeckung an.
b) Erforderlichkeit und technische Begrenzung
Selbst wenn ein berechtigtes Interesse besteht, ist die Maßnahme nur dann zulässig, wenn sie erforderlich und verhältnismäßig ist:
- Prüfen Sie, ob andere technische oder organisatorische Maßnahmen denselben Zweck erfüllen (zB Zutrittskontrollen, Alarmmelder, Bewegungsmelder).
- Eingeschränkte Blickwinkel: Die Kamera darf nur exakt den notwendigen Bereich erfassen, möglichst mit Maskierung benachbarter Zonen.
- Kein Dauereinsatz ohne Zweck: Wenn das Risiko nur in gewissen Zeiten besteht, sollte der Betrieb temporär sein.
c) Zeitlicher Betrieb & Aktivitätszeiten
- Eine 24/7-Überwachung ist nur zulässig, wenn sie tatsächlich notwendig ist.
- Möglich: nur außerhalb der Kernzeiten aktiv, zB nachts oder in Wochenendphasen.
- Wichtig: Dokumentieren Sie aktiv, wann Kameras wirklich eingeschaltet sind („Betriebszeiten“).
d) Speicherdauer & Löschung
Ein immer wieder herangezogener Richtwert in Österreich ist eine maximale Speicherfrist von 72 Stunden für Videoaufzeichnungen, sofern kein konkreter Anlass besteht.
- Sobald ein Anlass (zB ein Vorfall) vorliegt, kann eine längere Speicherung gerechtfertigt werden, wenn dokumentiert.
- Die Löschung muss automatisiert erfolgen und regelmäßig geprüft werden.
- Unnötige Speicherung über den Zweck hinaus ist unzulässig.
e) Transparenz & Hinweispflichten
- Gut sichtbare Schilder mit Informationen zu Verantwortlichem, Zweck, Speicherdauer, Kontakt.
- Weitere Informationen (zB Datenschutzhinweise, Website) sollten ergänzend verfügbar sein.
- Bei Beschwerden oder Anfragen müssen Sie darlegen können, dass Betroffene hinreichend informiert wurden.
Unsere Empfehlungen
Damit Ihre Videoüberwachung nicht zur Haftungsfalle wird, empfehlen wir:
- Audit & Status-Check
Überprüfen Sie alle bestehenden Kamerasysteme (Innen, Außen, Parkplätze, Eingänge) auf Zweck, Abdeckung und Dokumentation. - Interessensabwägung & Risikoanalyse
Erstellen Sie ein schriftliches Abwägungskonzept zu jeder relevanten Kamera und gegebenenfalls eine Datenschutz-Folgenabschätzung (DSFA). Sie ist verpflichtend, wenn die Überwachung voraussichtlich ein hohes Risiko für die Rechte und Freiheiten der Betroffenen mit sich bringt. - Technische Maßnahmen
- Maskierungen einrichten, um irrelevante Bereiche auszublenden.
- Automatische Löschroutinen implementieren
- Nur notwendige Aktivzeiten definieren.
- Hinweisschilder & Informationspflicht
Platzieren Sie klare und gut lesbare Hinweise. Ergänzen Sie durch Datenschutzhinweise online oder an zentraler Stelle. - Kooperation mit Aufsichtsbehörde
Ein aktuelles Beispiel: Die DSB verhängte wegen mangelnder Kooperation (Verweigerung Auskünfte, Verweigerung Mitwirkung) eine Strafe von 16.000 €. Österreichische Datenschutzbehörde - Verfolgung aktueller Rechtsprechung
Da viele Verfahren noch nicht rechtskräftig sind und sich Landschaft und Standards laufend ändern, ist eine kontinuierliche Beobachtung sinnvoll.
ACHTUNG: Für Unternehmen, die mit hohem Personenaufkommen, sensiblen Bereichen oder gemischten Zonen arbeiten, kann eine unüberlegte Videoüberwachung existenzielle Risiken bergen.
Wie wir Sie konkret begleiten: Als Ihr Partner für IT, Sicherheit und Datenschutz beraten wir Sie bei der datenschutzkonformen Gestaltung Ihrer Videoüberwachung. Wir prüfen bestehende Systeme, begleiten die Erstellung der rechtlich-technischen Dokumentation (einschließlich Interessensabwägung und Datenschutz-Folgenabschätzung) und unterstützen Sie bei der Umsetzung organisatorischer Maßnahmen.